Sell-Out, Mell-Out

By |2015-06-10T19:25:54+02:009. Juni, 2015|Tags: , , , |

Cent

Sell-Out, Mell-Out
Liebes Skateboarding und die, die dich treiben,

„Sell out whenever possible!“ – Dieser weise Spruch kommt von einem Herrn namens Steve Rocco, und er dürfte älter sein als die Meisten, die das hier lesen. Also, der Spruch dürfte älter sein – Steve Rocco ist eh schon so alt, dem wächst schon das Gras aus den Ohren. Fast. Und als treuer Beamter habe ich den Spruch immer artig unterschrieben. Das muss man als Beamter ja quasi, fragt mal unsere Kanzlerin. Steve hat es als Nicht-Beamter auch getan und dem gehört heute immerhin eine Insel bei Hawai’i. Das wünschen wir uns doch alle.
Jetzt hat dieses Credo allerdings im Frühjahr fiese Kratzer kassiert. Wie es halt so ist: Dinge sind so lange witzig, so lange sie einen nicht unbedingt selber betreffen. Ich war zwar nicht selber betroffen, aber trotzdem derbe angepisst. Zum Einen, weil ich es habe kommen sehen. Zum Anderen, weil es unabwendbar gewesen ist. Ohnmacht ist ein Scheißgefühl. Zu so einer Sell-Out Geschichte gehören ja immer Zwei. Einer, der kaufen will und einer, der verkauft. Und man sollte als Verkäufer immer genau gucken, wer denn da kaufen will, und in welche Richtung der sich bewegt. Nennen wir den Käufer jetzt zum Beispiel einfach mal Ficktory Media. Es könnte ein Extremsport-Verlagshaus mit Sitz in London sein. London, das ist in England, also werden da gerne große Reden geschwungen, in denen Worte wie „Heart“ und „Core“ vorkommen. Die haben es tatsächlich im Laufe der letzten Jahre geschafft, sich alle europäischen Skatemags unter den Nagel zu reißen. Alle Skatemags? Nicht ganz. Ein paar unerschrockene, unabhängig produzierte Dörfer wie z.B. Place sind der Heuschrecke glücklicherweise entgangen, aber die sollen hier nicht Thema sein. Wichtiger ist: Ficktory hat erst alle Konkurrenten geschluckt (was für sich alleine schon mal ein Bitchmove ist) und dann relativ schnell festgestellt, dass eine ausreichend große „Sales Force“ – die benötigt man, um Anzeigen an den Mann zu bringen und so Hefte zu finanzieren – erstens eine teure Angelegenheit ist, zweitens nicht existiert und drittens auch keine Lust dazu vorhanden ist, so eine anzuschaffen.

Also, erster Schritt: Haja, unsere Redakteure können ja auch Anzeigen verkaufen, die sind ja eh in Kontakt mit den nationalen Vertrieben.
Nein, können sie nicht. Und wollen sie wahrscheinlich auch gar nicht. Eine unmotivierte „Sales Force“ ist gleichbedeutend mit: Keine „Sales Force“. Redakteure haben eh Besseres zu tun.

Also, zweiter Schritt: Dieses Internet. Da kriegt man viel leichter Anzeigenkunden, denn man kann für einen schmalen Taler darauf spezialisierte Agenthuren anheuern, die sich darum kümmern. Und überhaupt kann man damit… Oh, ich sehe gerade, die suchen einen Online Redakteur für die traurigen Onlinereste des MSM, laut Ausschreibung des Verlags „skateboardermsm.de“ (finde den Fehler). Und so habe ich mich beworben:

Ich bekomme 10.000 Euro im Monat, dazu ein Produktionsbudget von mindestens 30.000 Euro pro Monat, Firmenwagen und -kreditkarte, ich werde dafür nicht nach London oder München ziehen, ich werde mich auch nicht als Anzeigenverkäufer betätigen (behalte mir aber das Recht vor Anzeigenkunden abzulehnen) und ich verlange absolute künstlerische Freiheit, d.h. ich darf dann schreiben was ich will und niemand darf drüber meckern. Mindestlaufzeit des Vertrags hmmm… Sagen wir erstmal zwei Jahre.
Ficktory, friss oder stirb.

Und natürlich verbleibe ich,

B. Amter